Donnerstag, 29. November 2007

Kleine Zeitung mit großen Zahlen

Wahrscheinlich um zu zeigen wie sehr man sich eines Tabuthemas annimmt übertreffen sich die Medien und die Politiker in Horrormeldungen über Gewalt gegen Frauen. Da kommt es schon mal vor, daß die Gewalt an Frauen als häufigste Todesursache genannt wird [1], was sich scheinbar von einer Untersuchung (wie seriös die ist, wird nicht vermittelt) in einer Provinz in Victoria/Australien ableiten lässt [2].

Aber auch andere Zahlen lassen aufhorchen. Da erfährt man in der Kleinen Zeitung, daß das Innenministerium eine offensichtlich geheime Kriminal-Statistik führt, die von 300.000 Fällen häuslicher Gewalt im Jahr weiss [3] und das, obwohl laut Statistik Austria [4] (inkl. einer Kriminal-Statistik des Innenministeriums [5], die aber eine andere sein muss, da man die erwähnten Zahlen nicht findet) etwas anderes erzählt. Wenn man sich die Vergleichszahlen aus dem Jahr 2005 anschaut zeigt sich Interessantes:

Es gab im Bereich „Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben“ und „Strafbare Handlungen gegen die Freiheit“ insgesamt 100.827 Anzeigen. Aufgeklärt (und das bedeutet nicht automatisch Schuld) wurden davon 88.037. Verurteilt (also schuldig) wurden 13.512 Personen. Vergessen wir mal, daß 10% der Täter Frauen sind und zwei Drittel der Opfer Männer sonst kommen wir durcheinander.

Im Bereich „St.H. gegen die Sittlichkeit (201-221)“ in dem Vergewaltigung, Nötigung enthalten sind, gab es 3.632 Anzeigen, es wurden 2.676 Fälle geklärt und es gab 679 Verurteilungen [6].

Also kann es sich nur um eine maßlose Übertreibung handeln oder es gibt eine geheime Studie, die außer dem Innenministerium nur noch Frauenorganisationen zur Verfügung steht. Den Medien braucht sie nicht zur Verfügung zu stehen, da sich scheinbar Recherche eh nur mehr auf Abschreiben von Presseaussendungen und kreieren griffiger Überschriften beschränkt...

Anmerkungen:

[1] „Frauenministerin Barbara Pollastini sprach von einem "Massaker der Unschuldigen". Sie plant eine Kampagne, um weiblichen Opfern von Gewalt konkrete Hilfe zu garantieren. "Das Problem betrifft nicht nur Italien. Gewalt ist die häufigste Todesursache für Frauen zwischen 15 und 60 Jahren", so die Ministerin.“
01. November 2007
http://diestandard.at/?url=/?id=3062524

[2] „Australien: Gewalt häufigste Todesursache von Frauen Schon bisherige Studien haben gezeigt, dass Gewalt gegen Frauen ein weit verbreitetes Problem ist: Im australischen Bundesstaat Victoria hat eine Untersuchung gezeigt, dass Gewalt die häufigste Todesursache von Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter ist - häufiger als jeder andere Risikofaktor wie Bluthochdruck, Übergewicht oder Rauchen.“
science.ORF.at, 25.11.05
http://science.orf.at/science/news/142279

[3] „Die Bedrohung lauert selten im dunklen Park, sondern vielmehr im trauten Heim: Laut Kriminalitätsstatistik des Innenministeriums werden Frauen in Österreich rund 300.000 Mal pro Jahr Opfer von Gewalt innerhalb der Familie. "Die Täter sind zu 90 Prozent männlich und sind meist keine Unbekannten, sondern der Ehemann, ein Freund oder Verwandter", weiß Projektleiterin Christine Hirtl vom Frauengesundheitszentrum.“
27.11.2007
http://www.kleinezeitung.at/regionen/steiermark/graz/651810/index.do

[4] Statistik Austria: Kriminalität
http://www.statistik-austria.at/web_de/statistiken/soziales/kriminalitaet/index.html

[5] Statistik Austria: Anzeigenstatistik
http://www.bmi.gv.at/bmireader/documents/348.pdf

[6] Statistik Austria: Zahl der Verurteilungen
http://www.statistik-austria.at/web_de/static/verurteilungen_nach_deliktgruppen_und_strafen_2005_022495.pdf

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